Wenn man mit Hobbyfotografen spricht, die sich von der digitalen Fotografie abgewandt haben und die jetzt (wieder) nach Altväter Sitte mit Film fotografieren, dann hört man als wesentlichen Grund dafür sehr oft: „Man fotografiert analog einfach viel bewusster, da man ja auf 36 Aufnahmen beschränkt ist.“ Was kaum einer sagt, aber viele denken, ist natürlich: „Analogfotografen sind einfach die besseren Fotografen, weil sie sich vor dem Druck auf den Auslöser viel mehr Gedanken machen als die Masse der Digitalknipser“. Mal abgesehen davon, dass man das den meisten analog entstandenen Bildern leider nicht ansieht, ist bewusstes Fotografieren keine Frage der Technik oder des Materials sondern der inneren Einstellung. Und an der kann man arbeiten.
Drei Übungen für das bewusste Fotografieren
Wer tatsächlich das Gefühl hat, dass er oder sie von der Flut der digitalen Bilder erschlagen wird und dabei nichts wirklich Sehenswertes entsteht, kann mal mit drei einfachen Übungen versuchen, wieder bewusster (versprochen, das ist das letzte Mal, dass ich dieses Wort verwende..) an seine Motive heranzugehen.
1: Ein Tag, eine Brennweite
Fotografieren hat vor allem mit sehen zu tun. Zoomobjektive haben aber unser Verhalten beim Fotografieren drastisch verändert. Ein kleiner Dreh am Zoomring und schon hat man einen anderen Bildausschnitt. Aber keine andere Perspektive. Wenn man seine Sicht auf die Dinge verändern will, muss man sich bewegen. Eine feste Brennweite hilft dabei ganz ungemein. Wer kein Objektiv mit fester Brennweite hat, der fixiert den Zoomring einfach mit einem Stückchen Klebeband. Welche Brennweite man nimmt, ist dabei völlig unerheblich. Hauptsache, man dreht einen Fototag lang nicht am Zoomring. Jede Wette, dass bei dieser Übung ein paar interessante Fotos entstehen.
Diese Übung sei durchaus auch den Analogfotografen ans Herz gelegt…
2: Ein Tag, ein Foto
Ebenfalls eine spannende, aber sehr rigorose Übung: Man macht vier Wochen lang an jedem Tag ein Foto. Aber nur eins! Wenn dieses eine Bild im Kasten ist, fasst man die Kamera für den Rest des Tages nicht mehr an. Ok, das sollte man vielleicht nicht gerade bei einer Urlaubsreise ausprobieren. Aber für den Rest des Jahres ist es eine großartige Sache. Der bekannte amerikanische Naturfotograf Jim Brandenburg hat das mal für 90 Tage durchexerziert. Herausgekommen ist dabei ein absolut sehenswertes Buch.
Diese Übung sei durchaus auch den Analogfotografen ans Herz gelegt…
3: Die 128 MB Speicherkarte
Ok, wer tatsächlich der Meinung ist, die Speicherkapazität der heutigen SD- oder CF-Karten sei Schuld an der Misere, der kann ja mal versuchen, mit der Beschränkung auf 64 oder 128 MB ( Megabyte, nicht Gigabyte!) auszukommen. Vielleicht habt ihr noch irgendwo eine alte Karte rumliegen. Falls nicht:
Den Analogfotografen muss man diese Übung natürlich nicht ans Herz legen. Sie glauben scheinbar tatsächlich, dass die begrenzte Speicherkapazität des Films Anzahl der Aufnahmen eines Films einen Einfluss auf die gestalterische Qualität eines Bildes hat…
Das Wort zum Sonntag
Ich habe noch nie so viele durchschnittliche und richtig schlechte Fotos gesehen, wie in der Zeit, seit es die digitale Fotografie gibt!
Ich habe aber auch noch nie so viele wirklich großartige Fotos gesehen, wie in der Zeit, seit es die digitale Fotografie gibt!
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